Zweimal im Jahr laden wir im Rahmen unserer Dialogreihe „Talk unterm Turm“ – moderiert von Johann Hinrich Claussen, dem Kulturbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland – zu einer Gesprächsveranstaltung zu Themen ein, die Gesellschaft und Kirche bewegen.
Am 4. Juni ging es um das Thema Zuversicht.
Mit Dr. Claussen diskutierten Dr. Volker Brandes, Arzt und Vorsitzender der Christen im Gesundheitswesen e.V., und Frau Bettina Jehn, psychologische Psychotherapeutin in Hamburg.
Mehr Zuversicht täte unserer Gesellschaft gut. Aber wie kommt es, dass manche zuversichtlich durchs Leben gehen, und anderen gelingt dies nicht? Woraus erwächst Zuversicht? Was sind mögliche Ressourcen? Ob man das Glas als halb leer oder halb voll betrachtet, das ist in der Regel multifaktoriell, aber unter anderem eine Frage der Prädisposition – der psychischen Ausgangslage, die man mitbringt – und der Resilienz, die jeder von uns in sich stärken kann: etwa dadurch, dass man sich als selbstwirksam erfährt.
Aus dem Blickwinkel christlicher Seelsorge entsteht Zuversicht im Glauben, aus der Hinwendung zum Mitmenschen, im Gebet, in aufmerksamer Präsenz. Psychotherapie setzt hingegen verstärkt darauf, die Selbstwirksamkeit zu stärken und aufzuzeigen, worauf wir Einfluss haben: Gelebt und gehandelt wird im Jetzt, und zwar nur dort. Viel Verzagtheit, der Gegenpol zur Zuversicht, entsteht durch bange Blicke in eine Zukunft, die noch nicht geschrieben ist. Wir können uns aufmachen, Zuversicht einzuüben, jederzeit. Und dabei ganz an der Basis anfangen: in körperliche Bewegung kommen, Luft holen, uns aufrichten.
Man stelle sich Fragen:
Was bringt meine Seele zum Klingen? Aus der Antwort, die im Glauben verankert sein, aber auch ganz weltliche Formen haben kann, lässt sich Zuversicht schöpfen.
Was gibt mir Kraft? Wozu fühle ich mich berufen? Sinnstiftendes für sich zu entdecken, ist eine wichtige Ressource.
Wo treffen sich der religiöse und der säkulare Ansatz? In der Überzeugung, dass menschliche Kontakte, das Engagement für andere der Boden ist, auf dem die Saat der Zuversicht aufgeht. Zusammenstehen, Verbundenheit schaffen: Genau das ist ein ja ein Anliegen der Kirchen – und es war an diesem Abend ganz praktisch erfahrbar. Gut 100 Menschen waren anderthalb Stunden lang eine Gemeinschaft, die Verbindendes tat: nicht nur zuhören, sondern auch mitdiskutieren und – gemeinsam singen!
Nach der Diskussion, geführt mit warmherziger Nachdenklichkeit, bei der am Ende auch Raum und Zeit für Fragen und Beiträge des Publikums war, blieben viele noch in der Kirche, um bei einem Getränk mit den Referenten ins Gespräch zu kommen.
Im Bereich der Selbsthilfe gibt es ein vielfältiges Angebot an Büchern zum Thema Zuversicht, Resilienz, Selbstwirksamkeit. Bettina Jehn hatte für die Anwesenden noch eine persönliche, literarische Buchempfehlung parat:
Gabriele von Arnim: „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ und „Der Trost der Schönheit“.
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Die Reihe wird am 16. Oktober 2025 fortgesetzt. Das Thema im Herbst: Wie leben Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland heute?