Geistliches Wort

Dezember 2023

Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern.                                          

Lukas 2,30f

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, ein Zitat, das man vielfach gehört hat, selbst wenn man Der kleine Prinz nicht gelesen hat. Gehört ist bekanntlich mitunter nicht gleich verstanden. Ehrlich gestanden, habe ich den berührenden Satz immer mit dem beliebten Vers aus 1. Samuel 16,7 identifiziert. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an. Aber selbst wenn es offenkundig nicht dasselbe ist, ganz fern liegen die Gedanken nicht. Das Sichtbare ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist nur beim Herzen zu finden.

Umso bemerkenswerter ist es, dass unser Glaube an Gott sich offenbar nicht mit dieser Innerlichkeit begnügt, sich nicht in ein spirituelles Gefühl münzen lässt. Die Hirten eilen in den Stall, um die Geschichte zu sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Auch die Weisen aus dem Morgenland mochten ihrem Stern nicht ganz trauen, zogen hin und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter. Und schließlich ist es der alte Simeon im Tempel von Jerusalem, der freudig das acht Tage alte Jesus-Baby auf den Arm nimmt und ausruft: Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern. Gottes Heil ist sichtbar, erfahrbar in dieser Welt. Ich glaube nur, was ich sehe? Bitte, hier, komm und sieh. Das Wesentliche liegt doch offen zu Tage.

Nun hat das Jesuskind gewiss keine strahlende Aura umgeben, wie auf so vielen Bildern alter Meister zu sehen ist. Die Heiligkeit entsteht nicht im Anblick allein, der sich einem bietet. Sondern ebenso im Anblicken, wie man gemeinhin sagt: durch die Augen der Betrachter. Man sieht nur mit dem Herzen gut, schreibt Antoine de Saint-Exupery. Mit dem, was das eigene Herz bewegt, umtreibt, ersehnt. Simeon, die Hirten, die Weisen aus dem Morgenland, sie haben sich etwas ersehnt. Etwas lag auf ihrem Herzen, und es brach sich Bahn, als sie das Kind gesehen haben.

Simeon sieht das Kind und erkennt, wer da geboren ist. Sein Herz sieht ihn gut. So gut, dass er jenen preisen kann, der das Heil vor allen Völkern sichtbar machen wird. Simeon erkennt im kleinen Kind die Weite von Gottes Heilswillen. Gott wird Jude, damit die Welt sich freuen kann. Dann, wenn wir mit dem Herzen auf das Wesentliche sehen.

Eine friedvolle und versöhnliche Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen

Pastor Ralf Meyer-Hansen