Geistliches Wort

Juli / August 2024

Der HERR heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.                            

Ps 147,3      

Immer wieder wiederholt der Bassist die Basslinie im Velodrom von Kapstadt. Es ist der 6. März 1998. Der Jubel will einfach nicht aufhören. Die Menge ist außer sich, als Sixto Rodriguez die Bühne betritt. Da steht er, leibhaftig, er und sie können es nicht glauben. Mit dem Konzert wurde etwas heil. Nach über 30 Jahren. 

 

Damals nämlich, in den 1960er Jahren, nimmt er ein Album auf. Er hat bereits Bühnenerfahrung in den Clubs gesammelt, Vergleiche mit Bob Dylan werden angestellt. Aber das Album verkauft sich nicht. Ganze sechs Exemplare, so scherzt der Produzent, fünf davon an die eigene Familie. Einem zweiten Album geht es ebenso. Es zündet offenbar nicht. So hängt er seine Ambitionen an den Nagel.

 

Irgendwie aber gelangt seine Musik in den Apartheidstaat. Seine Lieder verbreiten sich, sie werden zu Hymnen der Protestbewegung gegen die Regierung. Jede und jeder in dem abgeschotteten Südafrika kennt sie. Man hält den Musiker für tot, erschossen auf einer Bühne, lautet die Legende. Rodriguez weiß nichts davon. Nach dem Flopp ist er Bauarbeiter geworden. Bis Nelson Mandela an die Macht kommt. Das Land öffnet sich, und ein Fan von Rodriguez macht sich auf die Suche. Über einen zufälligen Kontakt zu dessen Tochter wird das Unwahrscheinliche offenbar. Und dann, fast 30 Jahre später, steht er auf der Bühne und kann nicht anfangen, in die Basslinie hinein zu singen. So überwältigt ist er.

 

Rodriguez ist an seinem anfänglichen Misserfolg nicht zerbrochen. Und doch hatte er schmerzhaft von einem Lebenstraum Abschied nehmen müssen, war ein Herzenswunsch zerschellt. Eine Wunde, ein Seufzen, eine Nostalgie, die immer blieb. Eine Wunde, die gewiss auch blieb, nachdem er doch noch auf den Bühnen der Welt stand. Aber die heilen durfte.

 

Die Geschichte von Rodriguez berührt. Man sagt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Aber so, wie es bei ihm war, das übertrifft alles. Da, darf man glauben, war mehr im Spiel. Gott verhindert nicht, dass uns das Schicksal manchmal übel mitspielt. Wir Menschen sind verletzlich. Warum, darauf bleibt Gott die Antwort schuldig. Aber dass er zerbrochene Herzen heilen und Wunden verbinden will, dass ist gewiss. Und vielleicht spielt er auch einfach nur die Basslinie. Solange, bis wir es wagen, wieder unser Lied darauf zu singen.

 

Heil- und erholsame Sommertage wünscht Ihnen

Pastor Ralf Meyer-Hansen